Gesellschaft

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Die Bevölkerung wächst mit 2,04% jährlich (Schätzung für 2020) auch weiterhin überdurchschnittlich. Das Land steht diesbezüglich weltweit an 39. Stelle. Anfang Juni 2020 hatte Jemen 30,44 Mio. Einwohner (Angaben variieren je nach Quelle). (Census 1994: 14,6 Mio.), d.h. 56,6 Einwohner/km². Die geschätzte Lebenserwartung für 2020 liegt bei 66,9 Jahren (total). 39,16% der Bevölkerung sind jünger als 14 Jahre, 58,04% zwischen 15-64 und nur 2,8% älter als 65 


Alphabetisierte Erwachsene 

70,1% (2015) 

bedeutende Religionen 

Islam 99,1% (ca. 65% Sunniten, ca. 35% Schiiten) 

Städtische Bevölkerung 

37,9% (Schätzung 2020) 

Lebenserwartung (m/w) 

64,7/69,3 Jahre (Schätzung 2020) 

Gender Inequality Index 

Rang 162 von 162 (2018) 

Anzahl der Geburten 

3,2 pro Frau (Schätzung 2020) 

Kindersterblichkeit 

41,9/1000 Lebendgeburten (Schätzung 2020) 

Soziale Gliederung 

Ethnien 

97% der Bevölkerung sind Araber, die überwiegend in sesshaften Stämmen leben und insbesondere in den nördlichen Regionen des Landes eine enge Bindung an die staatliche Zentralmacht seit jeher ablehnen. Die Zahl der voll nomadisierenden Beduinen ist gering und macht ca. 1% der Bevölkerung 

aus. In der Tihamaebene am Roten Meer werden afrikanische Einflüsse deutlich. Die überwiegend dort lebenden sog. Akhdam sind wahrscheinlich äthiopischer Herkunft, deren Vorfahren einst im Zuge der aksumitischen Eroberungen im 4. Jhd. n. Chr. in das Gebiet des heutigen Jemen einwanderten. Sie stehen innerhalb der jemenitischen Gesellschaft auf der untersten sozialen Stufe und zählen zu den ärmsten Bevölkerungsschichten des Landes. Ihre Zahl wird auf 1-2 Mio. geschätzt. Außerdem leben noch Somalier, Pakistaner und muslimische Inder im Lande, letztere meist im Stadtgebiet von Aden (Stadtteile Crater, Maalla und Tawahi). Ihre Vorfahren sind während der britischen Kolonialzeit vor allem aus Bombay (Mumbai) eingewandert und waren als Händler oder in der Kolonialverwaltung tätig. 

Die desolate Lage in Somalia hat dazu geführt, dass seit Jahren Menschen das Land verlassen und versuchen, nicht selten erfolglos, mit Booten (auch) nach Jemen zu gelangen (Boat People). Viele erhalten den Flüchtlingsstatus und sind/waren in Lagern in verschiedenen Regionen des Landes untergebracht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) beziffert die Gesamtzahl der ausländischen Flüchtlinge auf 236 461 (Nov. 2020), das Gros aus Somalia (90,7%) und Äthiopien (5,4%). Zusätzlich halten sich ca. 3 900 syrische und 3 400 irakische Staatsangehörige im Jemen auf. Nur ein sehr geringer Teil aller Flüchtlinge (11 336) stellt Asylantrag, da sie Jemen in erster Linie als Transitland auf ihrem Weg nach Europa oder Nordamerika (USA bzw. Kanada) sehen. Zudem verhindert die anhaltend schwierige Lage im Land einen Aufenthalt auf Dauer. Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP) als Folge der internen Konflikte ist lt. UNHCR zwischenzeitlich (Nov. 2020) auf rd. 3,65 Mio. angestiegen. Reichlich 24,3 Mio. Jemeniten (ca. 70% der Bevölkerung) waren im selben Monat auf humanitäre Hilfe angewiesen (people in need), davon ca. 14 Mio. mit dringender humanitärer Hilfe (people in acute need). 

Offizielle Landessprache ist Arabisch. Im Alltag werden meist Dialektvarianten des Arabischen gesprochen, die von Region zu Region Unterschiede aufweisen, vor allem in der Phonetik wie auch der Lexik. In der östlichen Provinz al-Mahra existieren noch Reste anderer semitischer Sprachen, darunter Mehri/Mahri & Hobyot. Auf der zum Jemen gehörenden Insel Sokotra wird eine weitere semitische Sprache gesprochen, das Soqotri. Sie alle werden den neusüdarabischen Sprachen zugeordnet. Englisch als Geschäftssprache beherrschen Vertreter gebildeter Schichten in Sanaa und anderen Großstädten, Deutsch hingegen nur wenige – und wenn, dann vor allem in und um Aden 

Frau und Familie 

Die Familie, insbesondere die Großfamilie (arab. «bait»), besitzt nach wie vor einen hohen Stellenwert in der jemenitischen Gesellschaft. Die traditionell und religiös festgeschriebenen Rollen von Männern und Frauen existieren weiterhin, dennoch wäre es falsch, pauschal von einer Unterdrückung der Frau zu sprechen, zumal dies theologisch nicht verankert ist. Wer den Jemen über viele Jahre kennt, hat auch in dieser Hinsicht Veränderungen insofern feststellen können, dass Frauen in zunehmendem Maße am öffentlichen Leben teilnehmen. Ein Beispiel im wirtschaftlichen Bereich sind die Restaurants und Hotels (sog. Funduqs) der 2012 verstorbenen Hamida in Shibam, ca. 35 km westlich von Sanaa – über viele Jahre gefragt und beliebt bei Einheimischen und Ausländern. Auch die offizielle staatliche Frauenorganisation, das National Women’s Committee (NWC) unterstreicht mit ihrer Rolle und ihren Aktivitäten diesen Wandel, insbesondere in der Umbruchphase 2011/2012. Seither allerdings sind die Aktivitäten des NWC aufgrund der Situation im Lande stark eingeschränkt. 

Andererseits: Im Jemen sind knapp ein Fünftel der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren  von der schädlichen traditionellen Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung (FGM) betroffen, die meist im Alter bis fünf Jahren vorgenommen wird. Zudem ist die frühe Verheiratung minderjähriger Mädchen problematisch: Fast ein Drittel der Mädchen werden vor ihrem 18. Geburtstag und knapp 10% vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet, insbesondere in den traditionellen Stammesgebieten des nördlichen Jemen. 

Bildung

Seit der jemenitischen Einheit wurden im Bildungsbereich große Anstrengungen unternommen, dennoch ist die Situation weiterhin – insbesondere gegenwärtig – unbefriedigend. Trotz Schulpflicht für die Primarstufe (6 – 15 Jahre) lag die Einschulungsrate 2016 bei 93,6%: (Jungen 99,9%, Mädchen 87,1%). Traditionelles Denken der Eltern, Mangel an Lehrern und Lehrerinnen, insbesondere auf dem Lande, sowie die Tatsache, dass Kinder häufig gezwungen sind, durch ihre Arbeit zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen – und damit der Schule fernbleiben, sind hierfür die Gründe. Lediglich 51,6% setzen ihre Ausbildung in der Sekundarstufe fort, davon 59,6% der Jungen und 43,3% der Mädchen. Mitte 2015 betrug die Analphabetenrate (lt. CIA World Factbook – aktuelle Daten nicht verfügbar) noch immer 29,9% (Männer: 14,9%, Frauen: 45,0%) und ist damit eine der höchsten in der arabischen Welt. Im Bildungsniveau bestehen nach wie vor signifikante Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden des Landes, da letzterer bis zur Vereinigung 1990 und selbst in den Jahren danach ein gut entwickeltes und umfassendes Bildungssystem aufweisen konnte. Die Mängel im staatlichen Bildungssystem haben zu einer stetig wachsenden Zahl von Privatschulen geführt: 603 (2017). Infolge der militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien wurden zahlreiche schulische Einrichtungen beschädigt oder zerstört. Infolgedessen konnten/können von ca. 7 Mio. Schülerinnen und Schülern mehr als zwei Mio. ihre schulische Ausbildung derzeit nicht fortsetzen. Auch Schulkinder wurden/werden immer wieder Opfer von Luftangriffen (der Militärkoalition) oder terroristischen Anschlägen. 

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit engagiert sich im Bildungsbereich von deutscher Seite vor allem die GIZ. Die berufliche Ausbildung der jungen Menschen ist weiterhin schwach entwickelt.  

Hochschulbildung 2019 gab es insgesamt 45 mittlere und höhere Bildungseinrichtungen, davon neun staatliche Universitäten und 36 private Institute, letztere zumeist für technische Bereiche. 2013/14 (aktuelle Daten nicht vorhanden) waren an den staatlichen 34,5% und den privaten knapp 27% aller eingeschriebenen Studierenden Frauen (Angaben nach CSO Yemen, 2017). Die wichtigsten und zugleich größten staatlichen Universitäten sind die University of Sanaa in Sanaa und die University of Aden in Aden. Ähnlich wie in der schulischen Bildung ist aufgrund der gegenwärtigen Lage im Land eine normaler Studienbetrieb in allen diesen Einrichtungen nur teilweise oder nicht möglich.

Gesundheitswesen 

Trotz gewisser Fortschritte war und ist das Gesundheitswesen im Jemen weiterhin unterentwickelt. Eine flächendeckende ärztliche Betreuung existiert nicht, wobei gravierende Unterschiede zwischen den Städten allgemein, in denen die Versorgung ausreichend war und teilweise noch ist, und den unterversorgten Landgebieten bestehen. Die Kosten müssen z.T. auch in den staatlichen Kliniken von den Patienten selbst getragen werden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten bis 2014 (aktuelle Daten nicht verfügbar) 92,5% der Städter, aber nur 34,1% der ländlichen

Bevölkerung Zugang zu ausreichender medizinischer Versorgung, d.h. statistisch 0,31 Ärzte pro 1000 Einwohner (Angabe 2014). 5,6% des Staatshaushaltes wurden 2015 für das Gesundheitswesen ausgegeben. Infolge der militärischen Auseinandersetzungen und zahlreicher Luftangriffe seitens der von Saudi-Arabien geführten Anti Huthi-Allianz sind inzwischen zahlreiche medizinische Einrichtungen beschädigt oder zerstört worden, sodass eine diesbezügliche Versorgung der Bevölkerung, darunter von Kindern, seither nur noch eingeschränkt oder nicht mehr gewährleistet werden kann, das Gesundheitswesen ist weitestgehend kollabiert. 

Auch weit verbreitete Krankheiten, wie Malaria, bakterielle Ruhr, Bilhaziose, Tuberkulose, Typhus und Trachome können kaum noch behandelt  werden. Im Oktober 2016 gab es erste Fälle von Cholera. Inzwischen sind 19 Provinzen betroffen (vor allem Hodaida und das Gebiet der Hauptstadt Sanaa). Diese Epidemie ist gegenwärtig nur schwer eindämmbar. Zusätzlich sind zahlreiche Fälle von Dengue Fieber zu verzeichnen. Mitte April gab es den ersten Coranavirus-Fall (COVID-19), zwischenzeitlich (Anfang Dez. 2020) ist die Zahl der Infektionen offiziell auf 2 083 gestiegen. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher liegen. Das Gesundheitswesen sieht sich generell nicht in der Lage, wirkungsvoll gegen die vorgenannten Epidemien/Pandemien vorzugehen und ist daher weitestgehend auf internationale Hilfe angewiesen. 

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Heiner Walther. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite für Jemen die Inhalte veröffentlicht werden.